Final Fantasy XII™: The Zodiac Age – „Auch auf dem PC stark!“

                                           Getestet und verfasst von General M

Mit Final Fantasy XII wurde die überaus erfolgreiche Reihe 2006 nach einem kurzen Ausflug in Mehrspielergefilde ein allerletztes Mal auf der damals bereits etwas betagten PlayStation 2 fortgesetzt und spaltete die Spielerschaft so, wie es nahezu jedes Final Fantasy stets tat. Während viele Spieler Gefallen an dem eher erwachsenen Setting fanden, welches im Vergleich zu vielen anderen Serienablegern auf schrille, comichafte Charaktere und Momente verzichtete, vermissten andere eben genau diese Dinge. Womöglich bot gerade deswegen Teil XIII wieder mehr Kitsch und Herzschmerz. Während in Japan einige Zeit nach der Erstveröffentlichung mit der „International Zodiac Version“ eine überarbeitete, erweiterte Version mit neuem Berufssystem und anderen Features erschien, ging der Rest der Welt leer aus. Das hat sich im Juli 2017 geändert, als basierend auf eben jener Version ein rundum gelungenes Remaster für die PlayStation 4 erschien. Und genau diese Version findet nun nochmals an PC´s angepasst auch ihren Weg zu Steam. Bis zur Windows Edition von Final Fantasy XV sind es nur noch wenige Wochen, lohnt es sich, vorher nochmal eine Reise nach Ivalice zu tätigen?

Unruhige Zeiten

Hach, es hätte so schön sein können – ganz Rabanastre, die Hauptstadt des Königreiches Dalmasca, hat sich herausgeputzt und feiert die prunkvolle Hochzeit der Königtochter Ashe und Prinz Rasler aus dem Nachbarreich Nabradia, als plötzlich eine Hiobsbotschaft eintrifft: Das expansionsfreudige Reich Archadia hat Nabradia angegriffen und annektiert, kurz darauf wird auch Dalmasca unter vielen Opfern, darunter auch der Prinz, eingenommen. Kurz bevor der dalmascanische König die Kapitulation unterzeichnen kann, wird er scheinbar von seinem eigenen Hauptmann ermordet, auch der junge Ritter Reks, in dessen Rolle wir ein kurzes Tutorial zu Spielbeginn absolvieren, lässt sein Leben. Zwei Jahre nach den Geschehnissen schlüpfen wir in die Rolle von Vaan, der wie viele andere Jugendliche als Kriegsweise im Untergrund lebt und sich mit Gaunereien und Gelegenheitsjobs über Wasser hält und der zudem bis heute den Besatzern mit Hass und Rachsucht begegnet, war der gefallene Reks doch sein Bruder. 

20180212144720 1
                     Der Beginn wird dank zeitlos toller Videosequenzen eindrucksvoll erzählt. 

Gemeinsam mit seiner Freundin Penelo erwartet er die Ankunft des archadischen Konsols Lord Vayne, der als neuer Verwalter über die Hauptstadt wachen soll. Nur scheint der gar nicht so ein Fiesling zu sein, wie man vermuten mag. Im Gegenteil, nach einer leidenschaftlichen Rede sind die Bürger ganz Feuer und Flamme für den neuen Regenten. Nur Vaan traut dem Braten nicht und ist fest entschlossen, im Schatten eines geplanten Banketts in die Schatzkammer des Schlosses einzudringen und dem Volk gebraubte Schätze zurückzubringen. Diesen Anlass wollen auch die Luftpiraten Balthier und Fran nutzen, um kräftig Kasse zu machen. Während die drei also noch darüber streiten, wer den dicken Edelstein aus der Statue behalten darf, findet draußen ein handfestes Gefecht zwischen den Besatzern und einer Gruppe Untergrundwiderständlern statt, die das Bankett ebenfalls für ihre Zwecke nutzen wollten. Dass sich aus all diesen Interessensgruppen aus der Not heraus eine ungleiche Gruppe herausbildet, die allesamt Teil politischer Intrigen wird und am Ende für das Schicksal einer ganzen Welt verantwortlich ist, ist beinahe zu erwarten. 

20180213001556 1
                   Um den Helden Vaan sammelt sich zügig eine gesellige Truppe von Kämpfern. 

Dabei bietet Final Fantasy XII alleine im Rahmen der Geschichte rund 60 Stunden bestens inszenierten Spielspaß, dessen moderne und mit wenig Hang zum Kitsch erzählte Handlung mir weitaus mehr zusagt, als das extrem gefühlsduselige und Science Fiction – lastige FF XIII. Aber wie bereits im Vorwort erwähnt, ist das ja immer Ansichtssache. Wer seinerzeit schon nicht mit dem Original warm geworden ist, der wird auch mit der Neuauflage wenig Spaß haben. Dass die Story hier und da an die russische Annektion der Krim erinnert, konnte vor knapp 12 Jahren wohl auch niemand vorhersehen. Komplettisten, die sämtliche Aufträge auf der Monstertafel und Co. abarbeiten wollen, dürfen zu den 60 Stunden nochmal mindestens 30 weitere draufrechnen, dem Serienprinzip des Umfangmonsters bleibt also auch Teil XII treu. Dennoch mangelt es bei allem auch ein wenig an Charaktertiefe. Die Motivation der Charaktere bleibt verständlich und nachvollziehbar, die Vielschichtigkeit der Protagonisten (und Antagonisten) von Teil X werden aber nicht erreicht. Gelangweilt habe ich mich dennoch zu keinem Zeitpunkt, zumal auch die große Spielwelt abwechslungsreich und hübsch gestaltet wurde. Von sandigen Wüsten bis zu prunkvollen und belebten Städten wird alles geboten. 

Praktische Neuerungen

Für den direkten Vergleich hat der eifrige Redakteur (das bin ich) dabei nicht nur die europäische PlayStation 2 – Version zur Rate gezogen, sondern auch das Remaster für die PlayStation 4 aus dem letzten Jahr. Während diese bereits dank neuer Texturen und einer deutlich höheren Auflösung vor allem die technischen Probleme der Urversion, darunter besonders das störende Kantenflimmern, beseitigt, ohne dabei den Charme des Originals zu ruinieren, legt die PC – Version noch eine Schippe drauf und bietet all das nun auch auf Wunsch mit 60 Bildern pro Sekunde in nativem 4K. Auch die bereits verbesserten Schatten sind nochmal deutlich höher aufgelöst. Dass das Remaster dabei natürlich technisch trotzdem gegen aktuelle RPG´s den Kürzeren zieht, muss klar sein. Immerhin basiert es auf einem zwölf Jahre alten Titel, dessen Veröffentlichungsplattform bereits zwei Nachfolgergenerationen erhalten hat. Sehen lassen kann sich das Spiel trotzdem noch. Lediglich die Videosequenzen wurden lediglich hochskaliert und lassen spürbar Bildschärfe vermissen. Sehen lassen können sie sich aber dennoch allemal.

20180212170955 1
                       Dank neuer Texturen wirken die Städte schöner und lebendiger als je zuvor. 

Die Kämpfe werden weiterhin in Echtzeit geführt, was seinerzeit eine gewaltige Neuerung in der Seriengeschichte darstellte. Das System funktioniert allerdings gut: Farbliche Indikatoren markieren das jeweils gewählte Ziel, zwischendrin kann man auf Knopfdruck bequem neue Kommandos ausgeben, Items nutze und später selbstverständlich auch mächtige Bestia beschwören. Einmalig in der Reihe bleibt das Gambit – System, welches sich im weiteren Spielverlauf drastisch erweitern lässt und es dem Spieler ermöglicht, vordefinierte Befehle an die Mitstreiter auszugeben. So kann man beispielsweise bequem Buffs oder Debuffs festlegen und sogar bestimmen, ab welchem Zeitpunkt welcher Charakter oder Gegner diese erhält. Gefallene Kameraden werden automatisch wiederbelebt, oder geheilt, falls die Lebenspunkte ein bestimmtes Prozentmaß unterschreiten. Die Möglichkeiten sind immens und bei geschicktem Einsatz kann der Kampfprozess nahezu vollständig automatisiert werden, wenn man erstmal genügend Variablen angesammelt hat. Lediglich bei Bosskämpfen sollte man dann aber lieber dynamisch agieren, hier funktionieren die Gambits nicht immer optimal. Zudem ist es betrüblich, dass man keine vordefinierten Sets speichern kann, stattdessen müssen die Kommandos immer wieder neu definiert werden – dann doch lieber ganz ohne Gambits in den Kampf ziehen. Das funktioniert nämlich auch wunderbar, erfordert aber wesentlich mehr Mikromanagement. 

20180213012615 1
          Trotz Gambits bleiben die Bosskämpfe fordernd und setzen eine starke Truppe voraus. 

Eines der Highlights von Final Fantasy XII war bereits damals der wunderschöne Soundtrack von Hitoshi Sakimoto, welcher seinerzeit den Serienkomponisten Nobuo Uematsu abgelöst hat, der sich lediglich für das Titellied verantwortlich zeigte. Von Grundauf neu orchestriert, sorgt die fantastische musikalische Untermalung abermals für Gänsehaut und klingt zudem dank 7.1 – Support eindringlicher als je zuvor. Gleiches gilt auch für die neu abgemischten englischen Sprecher, auf Wunsch darf man aber auch dem japanischen Originalton lauschen. Beide Tonspuren sind qualitativ hervorragend. Passend dazu gibt es sauber lokalisierte Deutsche Untertitel, aber auch viele andere Sprachen sind wählbar. Wer möchte, darf übrigens auch jederzeit auf Knopfdruck den Originalsoundtrack zuschalten. In Sachen Bedienung ist übrigens auch auf dem PC klar das Gamepad zu bevorzugen. Die Steuerung mit Tastatur ist genretypisch fummelig und unpräzise. 

20180212172511 1
     Rollenzwang, der funktioniert: Auf dem Schachbrett schalten wir neue Lizenzen und Boni frei.

Lässt man die technische Seite mal beiseite, verfügt „The Zodiac Age“ über viele weitere Änderungen im Vergleich zum Original, welche das Spiel in meinen Augen besonders wegen des überarbeiteten Berufssystems aufwerten. Wie bei Final Fantasy X findet die Charakterentwicklung nämlich über ein Schachbrett statt, auf welchem wir mithilfe verdienter Lizenzpunkte neue Zaubersprüche, Rüstungen und Waffen freischalten können. Auch TP – Boosts und andere Verstärkungen sind ebenso wie neue Gambitleisten und Abilities verfügbar. Das Original hat hier dem Spieler ermöglicht, sämtliche Charaktere alle verfügbaren Slots nutzen zu lassen, was am Ende dafür gesorgt hat, dass man nur noch übermächtige Allrounder im Team hatte. Die überarbeitete Fassung, auf welcher auch das Remaster aufbaut, entschlackt dieses System und zwingt dazu, jedem Charakter zu Beginn einen bestimmten Beruf/eine bestimmte Klasse zuzuweisen. Die Auswahl ist groß und bietet von klassischen Magierklassen bis hin zu Tank- und Nahkampfexperten und Supportklassen ein breites Spektrum an Möglichkeiten, die allesamt eigene Vor- und Nachteile innehaben. So bleibt Magiern das Tragen von schwerer Rüstung und Schwertern verwehrt, während Nahkämpfer beispielsweise weder Zauberstäbe oder magisches Equipment anlegen können. Erst später im Spiel darf man jedem Charakter eine zweite Rolle zuordnen und kann so eventuell entstandene Lücken im Team ausgleichen, die richtige Kombination von Klassen ist aber weiterhin entscheidend für den Ausgang der Kämpfe. Ein in meinen Augen wesentlich besseres System, wenngleich auch die Flexibilität dafür etwas auf der Strecke bleibt. Aber der Mehrgewinn im Rahmen eines RPG´s ist für mich hier ausschlaggebend. Im direkten Vergleich zum Original ist auch das Balancing gelungener ausgefallen, gerade der seinerzeit schwierige Einstieg fällt nun spürbar gemütlicher und fairer aus, bietet aber dennoch viele Herausforderungen und ist zu keinem Zeitpunkt als zu leicht zu bezeichnen. Als kleine Entschädigung für die extrem herausforderungssüchtigen Spieler hat man zudem mit einem Prüfungssystem, welches ähnlich einem Horde – Modus gestaltet wurde, ein nettes Schmankerl integriert. Hier darf man sich jederzeit mit den Helden der Geschichte ins Gefecht stürzen und wertvolle Belohnungen sowie Erfahrung verdienen, welche dann später im Hauptspiel genutzt werden können. Mit New Game+ sowie New Game- stehen darüber hinaus auch Optionen für alle bereit, welche das Spiel bereits einmal durchgespielt haben, aber noch nicht genug von Ivalice bekommen haben. Übrigens bietet die PC – Version auch integrierte Cheats. Wer partout nicht vorankommt, kann sich über unendliche Trefferpunkte und eine prall gefüllte Geldbörse freuen. Und auch ein Autosave – Feature tröstet darüber hinweg, dass weiterhin nur manuell an spärlich verteilten Kristallen gespeichert werden kann. 

Fazit und Wertung

ava2 „Ich muss zugeben, dass ich lange nicht mehr so viel Spaß mit einem RPG gehabt habe. Die herrlich bodenständige Geschichte von Final Fantasy XII hat mich in ihren Bann gezogen, die überarbeiteten Berufe sorgen für spürbar mehr taktische Kämpfe und es macht einen Heidenspaß, mit den gewaltigen Gambit – Möglichkeiten zu experimentieren. Dank butterweicher Bildrate und höheren Auflösungen ist die PC – Fassung der PlayStation technisch überlegen, insgesamt ist das Spiel aber dennoch nicht ganz würdevoll gealtert. Der wunderschöne Soundtrack sowie zahlreiche Extras und Verbesserungen, besonders in Hinsicht auf den spielerischen Komfort, machen das aber allemal wieder wett. Für mich gehört Final Fantasy XII: The Zodiac Age trotz einigen kleinen Mankos zu den besten Ablegern im FF – Universum.“

PRO:

+ Enormer Umfang
+ Angenehm bodenständige Geschichte ohne Pathos und Kitsch
+ Optionale Monsterjagten sowie Bosskämpfe
+ New Game+, New Game- sorgen für zahlreiche weitere Stunden Spielspaß
+ Fordernder Prüfungsmodus, der mit im Hauptspiel nutzbaren Belohnungen aufwartet
+ Sinnvoll strukturiertes Berufssystem
+ Fantastischer Soundtrack
+ Umfangreiches Gambit – System, welches zum Experimentieren einlädt
+ Nützliche Autosave – Funktion
+ Overlay – Map hilft bei der Wegsuche
+ Angepasstes Balancing sorgt für besseren Einstieg
+ Wahlweise mit Englischer und Japanischer Sprachausgabe spielbar
+ Sauber lokalisierte Deutsche Untertitel
+ Zugängliches Kampfsystem
+ Integrierte Cheats als Spielhilfe jederzeit zuschaltbar
+ Geschmeidige Bildraten und natives 4K für knackscharfe Grafik
+ Zeitlos schöne Videosequenzen

CONTRA:

– Technisch insgesamt altbacken
– Kaum Questhilfen
– Serientypisch bisweilen sehr grindlastig
– Charaktere mit wenig Tiefe
– Lediglich hochskalierte Videosequenzen wirken oft etwas verwaschen
– Sehr wenige Speicherkristalle
– Gambit – Builds lassen sich nicht speichern
– Recht hoher Preis für ein Remaster 

                                                     GESAMTWERTUNG:     88%

Die hier veröffentlichte Meinung stellt lediglich die Meinung des Autors dar und muss nicht zwangsläufig auch die von Wrestling-Point.de, M-Reviews und allen unterstehenden Mitarbeitern sein.
 
©2018 Wrestling-Point.de/M-Reviews