Diablo II: Resurrected – „Ein höllisch gutes Remaster?“

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                                                     Getestet und verfasst von General M 

Diablo II Resurrected KeyArt With LogoAls Diablo II im Sommer 2000 nach langen Verzögerungen endlich in den Läden stand, revolutionierte es quasi über Nacht ein ganzes Genre. Vielschichtige RPG-Mechaniken und eine düster-atmosphärische Welt lockten Millionen Spieler vor die Rechner, der Mehrspielermodus brachte die Internetleitungen zum Glühen. Das waren die goldenen Tage von Blizzard, einem Traditionsunternehmen, welches mittlerweile hauptsächlich durch interne Skandale und kaum mehr kundenorientierter Praktiken auffällt. Entsprechend groß war das Misstrauen, als man nach dem völlig vergeigten Warcraft III: Reforged ein Remaster zur bis heute beliebten Dämonenhatz ankündigte. Kann die offizielle Verkaufsversion dennoch begeistern, oder wiederholt sich die Geschichte?

                     Hinweis: Sämtliches Bildmaterial wurde mit der PC-Version erstellt. 

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Rückkehr nach Sanktuario

Zunächst das Wichtigste: Wer die Story des Originals inklusive Erweiterung bereits kennt, darf mit dem Remaster nicht auf neue Inhalte hoffen. Auch neue Ausrüstung oder Talente sucht man vergebens. Diablo II: Resurrected versteht sich primär als grafisches Upgrade mit einigen zusätzlichen Qualitätsverbesserungen bei der Bedienung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger bekommt man für knappe vierzig Euro auf allen gängigen Plattformen geboten. Das mag auf den ersten Blick nach viel Geld für die visuelle Aufhübschung eines über zwanzig Jahre alten Titels klingen. Doch dank zufallsgenerierter Welten, sieben völlig verschiedenen Helden samt unzähliger möglicher Builds und einer immer noch stetig wachsenden Multiplayercommunity bietet das Remaster theoretisch auch weiterhin unbegrenzten Spielspaß. Dennoch: Wer das immer noch via Battle.net vertriebene Original bereits besitzt und ohnehin nur an einem einfachen Durchlauf interessiert ist, sollte sich die Investition gut überlegen. 

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Nach dem bereits erwähnten Reinfall mit Warcraft III: Reforged war die Sorge groß, dass das mit der Entwicklung beauftragte Studio Vicarious Visions unerwünschte Eingriffe in Gameplay, Balancing und Co. vornehmen würde. Befürchtungen, die sich glücklicherweise nicht erfüllt haben, denn unter der massiv aufgehübschten Oberfläche bleibt alles wie gehabt. Worüber sich Serienveteranen freuen, könnte für Neueinsteiger allerdings zum Problem werden: Komplexes Verwalten von Charakterwerten und Talenten sowie stets klammer Platz im Inventar sind gemessen an heutigen Spielergewohnheiten wahrlich eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Gerade jüngere Zocker können mit so viel ungewohmten Mikromanagement möglicherweise in den ersten Stunden überfordert sein. Bereits auf der regulären Schwierigkeitsstufe kommt all das zum Tragen, spätestens höherstufige Durchgänge verzeihen kaum noch Fehler bei der Punkteverteilung oder falscher Ausrüstung. Diablo II war und ist ein Spiel, dass man geduldig erlernen muss. 

Bleibt ein Weilchen und seht hin…

Grafisch hat der Klassiker einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht, ohne dabei seine Wurzeln zu verlieren. Was seinerzeit als zweidimensionales Abenteuer mit einigen wenigen dreidimensionalen Anteilen an den Start ging, präsentiert sich nun in zeitgemäßem Gewand. Dank hochdetaillierter Charakter- und Einheitenmodelle, komplett überarbeiteten Effekten und vielen weiteren Verbesserungen ist Diablo II: Resurrected kein Pixelbrei mehr, sondern eine zeitgemäße Erfahrung, die sich trotzdem immer auch irgendwie angenehm vertraut anfühlt. Nostalgiker können via einfachem Knopfdruck aber jederzeit bequem zum ursprünglichen Look wechseln, der jedoch ist weiterhin auf maximal mickrige 800×600 Pixel beschränkt und kaum lange zu ertragen, wenn man sich erst einmal an die neue Grafik gewöhnt hat. Ein nettes Feature ist es aber allemal. 

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Diablo II hat sich über zwei Jahrzehnte hinweg eine treue Fanbase aufgebaut, die mit tiefgreifenden Änderungen (beispielsweise einer kompletten Konvertierung in die Engine von Diablo III) ganz sicher nicht glücklich gewesen wäre. Im Rahmen dessen, was die Entwickler hier erreichen wollten, hat man meiner meiner Meinung nach hervorragende Arbeit geleistet. Klar, mit aktuellen Genrevertretern kann auch das Remaster optisch nicht mithalten, aber das will es schließlich auch nicht. Immerhin genügt dann bereits untere Mittelklassehardware, um das Spiel auf dem PC mit geschmeidiger Bildrate, hohen Details und 1080p ohne Einschränkungen genießen zu können. Selbst natives 4K bei maximalen Settings verlangt euch keinen Hochleistungsrechner ab. Umso überraschender, dass das Remaster gerade auf Konsolen so einen schlechten Eindruck hinterlässt. Wo die Last Generation – nämlich PlayStation 4 und XBOX One – das grafisch sicher anspruchsvollere Diablo III mühelos in Full HD bei flüssigen 60 Frames pro Sekunde darstellen konnten und die erweiterten Modelle sogar mit 4K-Support aufwarteten, ruckelt Diablo II: Resurrected vor allem auf den Standardmodellen fröhlich vor sich hin. 

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Dass über die gesamte Last Generation inklusive den leistungsstärkeren erweiterten Modellen höchstens 30 Frames bei 1080p möglich sind, ist schon eine Kuriosität für sich. Dass aber selbst die nicht durchgehend gehalten werden, grenzt eher an einen schlechten Scherz. Gerade wenn sich besonders große Gegnergruppen auf dem Bildschirm tummeln, geht die Bildrate bereits spürbar in den Keller. Spielt ihr dann noch mit einer effektlastigen Klasse wie der Magierin oder seid gar mit einer größeren Gruppe via Battle.net unterwegs, kann die Performance gerne mal in komplett unspielbare Werte abdriften. Unschöne Lags gibt es kostenlos obendrauf. Besser, aber längst nicht perfekt verhält es sich auf PlayStation 4 PRO und XBOX One X, die zwar stabiler laufen, allerdings ebenfalls wiederholt mit Leistungseinbrüchen kämpfen. Auf der Nintendo Switch bleibt es ebenfalls bei 30 Frames pro Sekunde, alles in allem bleibt der Titel auf der technisch schwächsten Konsole aber sehr gut spielbar. 

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Das dann aber auf Kosten der allgemeinen Darstellungsqualität. Effektdichte, Umgebungsgrafiken und die allgemeine Texturqualität bleiben auf ein absolutes Minimum beschränkt, weswegen Sanktuario auf der tragbaren Konsole von Nintendo leider sehr viel weniger atmosphärisch rüberkommt. Wandern wir von dort zu den aktuellen System rüber, zeigt sich im Vergleich zu allen anderen Plattformen mit Ausnahme des PC bereits ein angenehm differenziertes Bild. Zunächst fällt auf, dass die Ladezeiten hier im direkten Vergleich zu allen anderen Konsolen verschwindend gering ausfallen, was schonmal Pluspunkte auf das Konto spült. Auch unterstützen alle Modelle angefangen bei der XBOX Series S flüssige 60 Frames in allen Lebenslagen – aber eben leider nur im Performancemodus. Und der ist abermals auf gerade einmal 1080p begrenzt. Die Alternative, nämlich der Qualitätsmodus, entfaltet zwar die ganze Schönheit des Remasters, muss sich dafür aber wieder mit halbierter Bildrate zufriedengeben. 

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Bei einem brandneuen Titel mit topaktueller Grafikengine wäre das alles irgendwie nachvollziehbar, aber in diesem Fall ist das einfach zu wenig. Wenn man bedenkt, wie viel Power die neuen Konsolen unter der Haube haben und was selbst die Vorgänger mit ihrer beschränkten Hardware zum Ende ihres Zyklus noch für wunderschöne Ergebnisse abliefern konnten, kann man die hier angebotenen Ergebnisse insgesamt einfach nicht kritiklos durchwinken. Für mich ist das ein ganz klassischer Fall halbherziger Optimierung, wirklich kompromisslos ist das Remaster gegenwärtig nur auf dem PC zu genießen. Zumindest dynamisches 4K bei gleichzeitig 60 Frames hätten auf PlayStation 5 und XBOX Series X locker drin sein können. So macht Diablo II: Resurrected je nach Konsole einen mal mehr, mal weniger enttäuschenden Eindruck, der in dieser Form mit etwas mehr Arbeitseinsatz unter Garantie vermeidbar gewesen wäre. Komplett überzeugen können hier nur die fantastisch aufbereiteten Zwischensequenzen. 

Mehr Komfort mit Gamepad und die Ärgernisse im Battle.net

Dabei hätten die Konsolenversionen teilweise sogar Potenzial, die ursprüngliche Stammplattform zu übertreffen, zumindest wenn es um die Bedienung geht. Die Macher haben das Interface komplett an die Bedürfnisse der jeweiligen Controller angepasst, sowohl was die Menüführung als auch die Fähigkeiten- und Heiltranknutzung im Kampf angeht. Das Ergebnis dieser Bemühungen steuert sich ähnlich gut wie Diablo III (nur ohne die Ausweichrolle) und bietet deutlich mehr Flexibilität als die reguläre Bedienung mit Maus und Tastatur. Dankbarerweise haben Vicarious Visions dieses Feature aber auch in die PC-Version implementiert. Schaltet ihr dort zum Gamepad um, transformiert sich das Interface umgehend in eine zu den Konsolen identische Nutzeroberfläche, die zwar bei der direkten Inventarverwaltung etwas umständlich geraten ist, dafür in allen anderen Belangen wirklich besser funktioniert als die gewohnte Rechenknechtperipherie. 

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Ein weiterer Vorteil des Remasters liegt in der Cross-Progression. Egal, ob ihr auf PlayStation 4 spielt und später bei einem Kumpel an der XBOX Series X hockt, oder auf dem Weg dahin die Nintendo Switch einpackt: Euer gegenwärtiger Charakter kann über Battle.net bequem auf jede Plattform geladen und dort nahtlos die Jagd auf Diablo und seine Brüder fortsetzen. Dafür gibt´s weder Cross-Play noch lokalen CoOp, zwei Features, die für so ein Spiel eigentlich perfekt wären. Aber mit etwas Glück wird beides in Zukunft nachgereicht werden. Momentan müssen wir deren Abwesenheit aber nachteilig bewerten. Leider macht auch das Matchmaking momentan dank reihenweise zusammenbrechender Server noch jede Menge Probleme, seit dem Launch ist es diesbezüglich nur wenig besser geworden. Und auch die Ladder ist noch nicht aktiv, weil die erst mit der bald an den Start gehenden ersten Season von Diablo II: Resurrected beginnt. 

Fazit und Wertung

profilbildapril„Dieses Remaster zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Denn während es Vicarious Visions durchaus gelungen ist, den klassischen Charme des über zwanzig Jahre alten Originals in neuem Gewand einzufangen und dabei gleichzeitig das altbekannte Gameplay samt Balancing perfekt zu übertragen, muss man sich trotzdem die Frage stellen, ob vierzig Euro für so ein Upgrade inklusive mehr Bedienkomfort mit Controller und toll aufbereiteten Zwischensequenzen nicht doch etwas zu viel sind. Schließlich bekommt man ja doch „nur“ wieder Diablo II mit allem, was man eben schon so lange kennt und liebt. Neugierde und Nostalgie mögen verlockend sein, dennoch sollte jeder vor dem Kauf abwägen, ob er das Remaster denn wirklich benötigt. Auf den Konsolen der letzten Generation mit Ausnahme der Switch nerven zudem teils gravierende Leistungseinbrüche, während die neuen Konsolen technisch komplett unterfordert bleiben, weshalb die beiden jeweils kompromissbehafteten Grafikmodi umso unwirklicher erscheinen. Permanente Serverprobleme stören beim Einstieg zusätzlich. Lässt man all das außer Acht, ist Diablo II: Resurrected ein gelungenes Remaster, von dem man sich aber allgemein abseits der verbesserten Grafik nicht wirklich Neues versprechen darf.“ 

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PRO:

+ Angemessen aktualisierte Grafik…
+ …die trotz aller Modernisierung den Charme des Originals bewahrt
+ Kinoreife Cinematics
 in gewohnter Blizzard-Qualität
+ Wechsel zwischen alten und neuen Visuals jederzeit möglich

+ Sieben Helden mit jeweils komplett unterschiedlicher Spielweise
+ Sämtliche Erweiterungsinhalte sind enthalten
+ Ungebrochen vielschichtige Charakterentwicklung
+ Nahezu perfektes Balancing
+ Hoher Wiederspielwert dank prozedural genertierter Welten…
+ …und auf Wunsch stetig höherem Schwierigkeitsgrad
+ Zeitlos fantastische Mehrspielererfahrung
+ Atmosphärischer Soundtrack
+ Praktische Cross-Progression über wirklich ALLE Plattformen
+ Überraschend komfortable Bedienung via Gamepad

CONTRA:

– Inhaltlich identisch zum Original
– Story bleibt besonders für Einsteiger arg undurchsichtig
– Unterstützt weder Cross-Play, noch lokalen CoOp 
– Teilweise bis zur Unspielbarkeit einbrechende Performance auf PlayStation 4 und XBOX One
– Selbst auf aktueller Konsolenhardware nur die Wahl zwischen schön oder schnell
– Deutsche Dialoge klingen immer noch lustlos und altbacken
– Anhaltende Serverprobleme (Stand 24. September)


                                          GESAMTWERTUNG:     
8.0/10

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