Civilization VI: Gathering Storm – „Gegen die Gezeiten“

                                    Getestet und verfasst von General M

civilization vi gathering storm button 1542739910744Vom urzeitlichen Stamm bis zur Weltmetropole: Kein Spiel führt den Spieler so umfangreich und mit so hohem Suchtpotenzial durch dessen ganz eigene Geschichte der Welt wie Civilization VI. Mit der zweiten Erweiterung Gathering Storm halten nun auch die Gezeiten Einzug ins Spiel und mischen das Gameplay ordentlich auf. Aber auch eine Handvoll neuer Fraktionen sind wieder mit von der Partie. Wie gut sich die Neuerungen in das bisherige Spielprinzip einfügen und ob Gathering Storm sein Geld wert ist, klärt unser Testbericht. 

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Emmerich lässt grüßen

Bisher diente diente die Karte in Civilization VI hauptsächlich als Untergrund für euren ganz persönlichen Spielplatz. Gatering Storm stellt dieses Prinzip komplett auf den Kopf, indem die Welt durch dynamische Veränderungen des Klimas entweder zu eurem neuen besten Freund wird – oder aber zu eurem gefährlichsten Feind. Wer sich beispielsweise dazu entschließt, sich am Fuß eines aktiven Vulkans anzusiedeln, darf sich zwar über besonders fruchtbare Erde freuen und fährt satte Ernten ein, kann eben aber auch jederzeit von einem Vulkanausbruch überrascht werden. Gleiches gilt für das Bauen in der Nähe hochwassergefährdeter Areale. Auch hier eignet sich der Boden besonders gut für die Aussaat, das Risiko einer erneuten Überflutung bleibt aber bestehen. Und das sind nur wenige grundlegende Beispiele dessen, wie sich die Umwelt ab sofort in euer Spiel einmischt. Sandstürme, Eis und Tornados können euch ebenso das Leben schwer machen – und nicht alle Katastrophen sind im Voraus als solche zu erkennen. 

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Besonders zu Beginn einer Partie kann einem das Klima schwer zu schaffen machen, denn Frühwarnsysteme und Schutzmaßnahmen jedweder Art sind den Siedlern der Frühzeit natürlich ebenso unbekannt wie ein hartgekochtes Ei. Wer trotzdem in gefährlichen Gegenden ansiedelt, beschert seiner Zivilisation zwar einen wohlhabenenden Start, lebt aber gleichzeitig im ständigen Risiko, innerhalb eines Augenblicks alles wieder zu verlieren. Zwar muss ein Vulkanausbruch noch nicht das Ende der Welt bedeuten, da dieser sich in mehreren Stärken zeigen kann, irgendeine Form von Schaden hinterlässt er aber garantiert. Die spielerische Freiheit erlaubt euch aber zumindest zu diesem Zeitpunkt noch, ganz einfach abseits davon in Frieden zu wachsen und zu gedeihen. Zudem lässt sich in freien Spielen stets einstellen, in welcher Regelmäßigkeit diese Katastrophen überhaupt auftauchen. Neuankömmlinge werden dank erweiterten Tutorials prima an alte und neue Mechaniken herangeführt. 

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Spätestens auf dem Weg zur Industrienation wird das schon deutlich schwieriger. Um Städte mit Elektrizität zu versorgen, benötigt euer Volk über kurz oder lang Kraftwerke – und die werden wie alle anderen wichtigen Gebäude eben mit Kohle betrieben. Dadurch belastet ihr aber auf Dauer die Umwelt, denn ein hoher CO2 – Ausstoß treibt die globale Erwärmung an. Verheerende Unwetter können euch dann ebenso heimsuchen wie langanhaltende Trockenphasen. Die Folgen sind Zerstörung und Hunger und ein entsprechend hohes Maß an Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Wer sich nahe am Meer niedergelassen hat riskiert gar, dass das Schmelzen der Polkappen den Meeresspiegel derart anhebt, dass Teile des Kontinents komplett von der Landkarte verschwinden. Die Ausbeutung der Umwelt hat aber auch an anderer Stelle Einfluss auf das Spielgeschehen, denn Panzer, Kriegsschife und Co. verbrauchen Öl, was natürlich ebenso schädlich für das Klima ist. 

Die Zukunft ist grün

Klar, ganz ohne Umweltbelastung geht es nicht. Immerhin lassen sich mit der Zeit neue, umweltfreundlichere Methoden zur Energiegewinnung entwickeln, die Kohlekraft macht dann das Feld frei für das Atomzeitalter. Ein Nuklearkraftwerk senkt zwar den Ausstoß von Schadstoffen, kann dafür aber einen Supergau verursachen. Es ist beeindruckend, wie viel Liebe zum Detail die Macher bei der Umsetzung dieser vielen Faktoren gezeigt haben. Die jeweiligen Bedingungen kommen der Realität erschreckend nahe und verleihen dem Spieler somit sogar ein gewisses Bewusstsein dafür, wie unsere Umwelt funktioniert und welche Belastung wir ihr für unseren täglichen Komfort aufbürgen. Das alles wurde grafisch so hübsch in Szene gesetzt, dass man gelegentlich tatsächlich kurz bereit wäre, seine Leute für einen schicken Vulkanausbruch zu opfern. 

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Eine der sichersten Quellen für Strom und Co. birgt die Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien. Bis dorthin ist es aber ein weiter Weg. Ist man dann aber erstmal im entsprechenden Zeitalter angelangt, kann der grüne Umstieg langsam erfolgen – sofern man denn will. Staudämme dienen dann nicht mehr nur der Abwehr von Überflutungen, sondern können zur Energiegewinnung via Wasserkraft genutzt werden – praktisch! Solarkraftwerke und Windturbinen tragen zusätzlich ihren Teil zum Umweltschutz bei. Auch neue Forschungsprojekte und ein ganzer Satz speziell auf die neuen Gegebenheiten ausgerichteter Gebäude sind vorhanden, Eisenbahnlinien und Tunnel machen euch bei der Fortbewegung mobiler. Blöd ist nur weiterhin, dass alte Gebäude wie Kohlekraftwerke nicht abgerissen werden können, wenn diese ihren Zweck erfüllt haben. Denn die alten Bauwerke kosten nicht nur Platz, sondern verschandeln auch das Stadtbild der Moderne. Wer mit gutem Beispiel voran geht und seine Zivilisation mit erneuerbaren Energien in eine glorreiche Zukunft führt, profitiert auch in diplomatischen Kreis und kann sich als leuchtendes Vorbild besonders gut gegen andere Nationen am Verhandlungstisch durchsetzen, um vielleicht auch hier einen Wandel in der Energiepolitik herbeizuführen. 

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Generell notwendige Ressourcen wie Öl, Uran und Co. bleiben aber hart umkämpft, da es sich dabei um Naturvorkommen handelt, die für jede Partei zugänglich sind. Da die produktionswichtigen Materialien in Gathering Storm deutlichen Einfluss auf die Produktions- und Kriegskraft haben und sich auch pro genutzter Einheit stetig pro Zug verringen (=Verbrauch), ist kluges Ressourcenmanagement ebenso wichtig wie ein nicht abbrechender Zustrom der wichtigen Ressourcen. Der geschieht jetzt automatisch und füllt eure Lagerhäuser regelmäßig auf – sofern ihr die entsprechenden Fördergebiete euer Eigen nennt. Zum Ende hin wird´s futuristisch: Dank mächtiger, aber ressourcenhungriger Roboterkolosse könnt ihr es auf der Karte richtig krachen lassen, denn die haushohen Läufer überqueren mühelos jedes Terrain und verfügen neben extremen Reichweiten auch über massive Feuerkraft. 

Gipfeltreffen

Neu in Gathering Storm ist neben vielen kleineren Optimierungen auch ein deutlich erweiterter diplomatischer Aspekt. Das beginnt beispielweise damit, dass man nicht mehr gezwungen ist, andauernde Drohungen kriegslüsterner Nationen einfach ohne weiteres zu akzeptieren. Wer sich irgendwann aus der Not heraus dem Feind erwehrt, um eine Invasion zu verhindern, gilt nicht mehr automatisch als Kriegstreiber. Stattdessen steigert sich nun automatisch mit allen eingehenden Aggressionen der Grollfaktor unserer Zivilisation. Ab einem gewissen Grad ist dann ein selbst zu Verteidigungszwecken initiierter Angriff moralisch tragbar und wirkt sich nicht mehr negativ auf euren Stand auf der Weltbühe aus. 

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Feinde, die man sich auf konventionelle Weise nicht zum Freund machen kann, könnten sich allerdings mehr als dankbar zeigen, wenn man bei drohenden Naturkatastrophen in deren Gebieten zur Hilfe eilt. Selbstlose Akte wie diese bringen besonders dicke Boni am Verhandlungstisch, wer zum Herrscher der Welt aufsteigen will, muss das nicht zwingend durch Gemetzel erreichen. Die Belohnung der guten Tat nennt sich Gunst und ist das genau Gegenteil von Groll. Gunst erlangt ihr auf vielseitige Weise, beispielsweise durch Allianzen und einen fairen Umgang mit den Bündnispartnern, aber auch eine funktionierende, umweltfreundliche Demokratie schindet Eindruck. Mit Gunst kann man wie bereits erwähnt nicht nur für höheren politischen Einfluss sorgen, sondern auch Handel betreiben, was sich als praktisch erweist, wenn man gerade knapp bei Kasse ist. 

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Circa alle 30 Runden lädt Gathering Storm zum Weltgipfel. Hier wird in Mehrheitsabstimmungen unter den Nationen beschlossen, wer sich bis zum nächsten Kongress über besondere Boni freuen darf. Da man vorher nicht weiß, wie die anderen Nationen am Tisch abstimmen, entpuppt sich der Ausgang als erfreulich unvorhersehbar. Auch hier kann man mit Gunst aushelfen, um sich die Mehrheit der Stimmen für die eigenen Vorschläge zu sichern – das macht aber auch der Rest. Nicht gut gelöst hat man aber die Boni selbst. Von denen gibt es zum einen nur eine recht überschaubare Zahl, zum anderen können wir nebenbei nicht mal eben abrufen, ob diese Boni für uns überhaupt von Belang sind. Zwischendurch darf auch mal in besonderem Rahmen getagt werden, denn wenn etwa Katastrophen andere Nationen bedrohen, muss eben vorher auch über Hilfsmissionen abgestimmt werden. Oder über Nobelpreise. Oder gemeinsame Kriege. Wer da nicht mit machen will, riskiert aber im Falle eines Sieges, komplett von den Belohnungen eines erfolgreichen Angriffs ausgeschlossen zu werden. Apropos Krieg: Leider verhalten sich die computergesteuerten Gegner immer noch recht vorhersehbar bei ihren gelegentlichen Bemühungen, mir das Wasser abzugraben. Hier muss noch weiter nachgebessert werden, die K.I. entpuppt sich noch immer als eine der zentralen verbliebenen Schwächen von Civilization VI, dicht gefolgt von den mit der Zeit extrem unübersichtlichen Karten.

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Auf der diplomatischen Ebene hat sich also einiges getan. Es macht einigen Spaß, mit den Größen der Welt an einem Tisch zu sitzen und die Fäden der Macht im Hintergrund zu ziehen. Kleine Probleme bleiben, aber insgesamt fügt sich das System bestens in die bestehenden Mechaniken ein. Natürlich hat Firaxis mit der zweiten Erweiterung auch neue Nationen ins Spiel integriert, darunter die Phönizier, Schweden, Ungarn und mehr. England und Frankreich freuen sich mit Eleanor von Aquitanien über eine alternative Anführerin mit speziellen Volksboni und neuen Spezialeinheiten. Auch das fügt sich alles nahtlos ins Coregame ein. Auch der Stamm der Maori gehört zu den Neuzugängen in Gathering Storm. Cool: Gestartet wird hier ausnahmsweise mal nicht an Land, sondern zur See, was die Ausgangsbedingungen komplett verändert. 

Fazit und Wertung

ava5„Der Sinn einer vollwertigen Erweiterung liegt darin, den bekannten Spielmechaniken neue, sinnvolle Elemente auf nahezu jeder Ebene hinzuzufügen und das allgemeine Spielgefühl dadurch entscheidend zu verbessern. Gathering Storm gelingt all das so gut, dass man umso wehmütiger auf die heutigen Kleinsterweiterungen vieler Spiele in Form von überteurten DLC´s schaut. Für den auf den ersten Blick etwas happig erscheinenden Preis bekommt man neben einem dramatisch erweiterten Diplomatiesystem und neuen Völkern auch ein fantastisch durchdachtes Gezeitensystem geboten, welches die Art und Weise, wie Civ VI gespielt wird, komplett verändert – sofern man es denn will. Zweifelsohne eine der besten Expansions, die ich je gespielt habe!“ 

Pay-2-Win/Miktrotransaktionen: Civilization VI: Gathering Storm bietet als Teil des Hauptspiels mittlerweile zahlreiche kostenpflichtige Zusatzinhalte an, die spielerisch aber keinerlei Vorteile bieten. Dementsprechend nehmen wir diesbezüglich keine Abwertung vor. 

PRO: 

+ Toll integriertes, extrem vielschichtiges Gezeitensystem
+ Sehr hübsch in Szene gesetzte Naturkatastrophen…
+ …die für spürbar mehr Dynamik sorgen

+ Viele neue Einheiten und Gebäude
+ Neue Anführer und Nationen
+ Nachwievor sehr ansehnliche Spielwelt
+ Einer der atmosphärisch besten Soundtracks überhaupt
+ Klug durchdachte Änderungen im Ressourcenmanagement 
+ Ungebrochen hohes Suchtpotenzial 
+ Faires Preisleistungsverhältnis
+ ROBOTER!
+ Höherer Fokus auf Diplomatie inkl. ansprechend umgesetzten Weltkongress
+ Gunst und Groll stellen sinnvolle Alternativen zu bisherigen Mechaniken dar
+ Frei justierbare Häufigkeit von Naturereignissen
+ Erweiterte Tutorials für beste Einsteigerfreundlichkeit

CONTRA:

– Teilweise immer noch schwache K.I. 
– Später sehr unübersichtliche Karte
– Gebäude wie alte Kohlereaktoren können nicht abgerissen werden
– Nicht alle erhaltenden Kongressboni sind nützlich

                                                  GESAMTWERTUNG:     9.0/10

    MRAUMFANG     MRTIEFE     MRASOUND

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