Black Mirror™ – „Der Letzte macht das Licht an“

                                      Getestet und verfasst von General M

Dem ein oder anderen Adventure – Fan mag die Black Mirror – Reihe bereits ein Begriff sein. Immerhin ist das Original bereits fast 14 Jahre alt, zwei Fortsetzungen folgten. Noch kurz vor Jahresende legt das Bremer Entwicklerstudio KING Art (u.A. „Die Zwerge“ und „The Book of Unwritten Tales“) die Reihe neu auf. Aus einem klassischen, stellenweise bockschweren Point and Click – Adventure wurde ein Titel mit der Ambition, der Reihe ein zeitgemäßes Gewand zu verpassen. Seit Heute für PlayStation 4, XBOX One und den PC erhältlich, haben wir uns letztere Version vorgenommen und gründlich durchgetestet. Lohnt sich das Remake, oder gehen wir hier nach dem alten Sprichwort, welches da lautet: „Schuster, bleib bei deinen Leisten…“? 

Des Wahnsinns fette Beute

Das Remake orientiert sich inhaltlich nahe am Original, tauscht dabei aber zahlreiche Charaktere aus, angefangen beim Protagonisten. Der heißt nun nicht mehr Samuel Gordon sondern David und ist im Vergleich zum Vorbild auch nicht mehr der gänzlich verschlossene Unsympath von einst. Auch sagen wir dem England der Achtziger Lebewohl und besuchen stattdessen Schottland im Jahr 1930. Nach einer langen Zeit in Indien kehrt er in die Abgeschiedenheit der Highlands zurück, wo die letzten Nachkommen seiner Sippe das Schloss Black Mirror bewohnen. Sein Vater ist vor kurzem gestorben und hat dem Sohnemann ein paar kryptische Hinweise vermacht. Angeblich liegt ein uralter Fluch auf der Familie Gordon und dem Schloss selbst. Diesen Hinweisen nachzugehen scheint zu Beginn jedoch gar nicht so einfach zu sein. Die greise Tante, eine waschechte Lady, scheint wesentlich mehr zu wissen, als sie zu Beginn preisgeben will. Der alte Herr sei einfach dem Wahnsinn verfallen, das sei auch schon alles. Aber stimmt das wirklich? Das Dienstmädchen scheint verängstigt zu sein, der fast blinde Gärtner will ebenfalls nicht auspacken. Und das sind nur wenige der illustren Charaktere, die sich rund um das Schloss tummeln.

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                                               Was verbirgt die alte Lady Margaret? 

Doch David merkt sehr schnell, dass hinter all dem mehr steckt, als nur bloße Spinnerei. Halluzinationen suchen ihn heim und offenbaren mehr und mehr der düsteren Vergangenheit der Gordons. Und dann passiert der erste Mord. Liegt auf der Familie wirklich ein Fluch? Oder ereilt David lediglich das gleiche Schicksal seines Vaters? Antworten auf diese und andere Fragen gilt es, in den insgesamt 5 Kapitel des Spiels zu finden. Dabei punktet das Remake besonders durch die tollen Deutschen Sprecher und eine hervorragende Klangkulisse. Auf Johnny Depp´s Stammsprecher David Nathan muss man dieses Mal zwar verzichten, dafür sticht besonders Jürgen Kluckert als bekannte Stimme von Benjamin Blümchen oder Mr. Krabbs aus Spongebob Schwammkopf in der Rolle des stoischen Butlers heraus.

Die Spielzeit ist für ein Adventure angemessen ausgefallen, wenn man davon ausgeht, dass man nicht einer Komplettlösung folgt. Im Gegensatz zum Original ist dies hier allerdings kaum notwendig, da Entwickler KING Art das Spielprinzip dahingehend extrem stark vereinfacht hat, dass es oftmals genügt, sämtliche Hotspots gründlich abzusuchen und mit allen anwesenden Personen ausführlich über alle vorhandenen Themen zu sprechen, um in der Handlung voran zu gelangen. Zwischendurch gilt es, einige anspruchsvolle Rätsel zu lösen, der Lösungsweg selbst ist allerdings stets nachvollziehbar und kann mit einigem Überlegen schnell gefunden werden. So orientiert sich das Spiel in Sachen Gameplay weniger am Original von 2004, sondern mehr an den Telltale – Adventures, sprich: Wenig Herausforderung, dafür aber viel Fokus auf einer guten Geschichte. 

Ein Schritt vor, ein Schritt zurück

Und diese bietet Black Mirror nachwievor. Bis zum wie beim Original leider extrem enttäuschenden Ende darf man tief in die dunklen Geheimnisse der Familie Gordon eintauchen und dabei eine durchweg spannend inszenierte Story genießen, die mit vielen Mystery – Elementen zu punkten weiß und darüber hinaus dank toller Licht- und Schatteneffekte auch zu nahezu jeder Zeit eine passende, herrlich düstere Atmosphäre bietet. 

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          Die Beleuchtung ist hervorragend, das Gesamtbild weißt dennoch Schwächen auf. 

Neben der Hauptgeschichte gibt es auch zahlreiche optionale Dinge, die man erledigen kann. Sämtliche Aufgaben werden dabei jederzeit im Questlog angezeigt und lassen sich meistens in beliebiger Reihenfolge lösen. So bekommt man zwar kein umfangreiches Tipp – System zur Hand, dafür aber immer ausreichend Hinweise, was als nächstes zu tun ist. Da einen das Spiel leider in seiner Bewegungsfreiheit immer an den für den aktuellen Handlungspunkt wichtigen Punkt zwingt und die Erkundungsfreiheit des Vorbildes vermissen lässt, braucht man sich meist nie mit langem Suchen aufhalten. Kenner des Originals dürfen sich übrigens auf zahlreiche Referenzen freuen. Als Adventure ist Black Mirror trotz mitunter verschiedener Auswahlmöglichkeiten bei den Dialogen extrem linear ausgefallen, so dass wohl nur wenige einen zweiten Spieldurchlauf in Betracht ziehen werden. Dafür sind die Konsequenzen der jeweiligen Entscheidungen einfach zu belanglos. Während das Gameplay insgesamt sehr an gegenwärtige Mechaniken im Genre angepasst wurde, haben sich die Entwickler auf der anderen Seite aber auch auf einige stark veraltete Mechaniken verschossen, darunter die berühmten Quicktime Events, die belangloser und aufgesetzter nicht sein könnten. Lohnt sich der Kauf trotzdem? Genrefans kommen definitiv auf ihre Kosten, dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass man in vielerlei Hinsicht viel Potenzial hat ungenutzt lassen. 

Im Spiegel

Wie die meisten Games der Bremer Spieleschmiede wird auch Black Mirror von der Unity Engine als Grafikgerüst getragen. Die zaubert zwart wie erwähnt überraschend hübsche Lichtstimmungen, ist davon abgesehen allerdings längst nicht mehr zeitgemäß. Die Mimiken wirken oft reglos und versteift, das Öffnen von Türen und die Interaktion mit manchem Objekt sorgt für Clippingfehler. Besonders nervig sind auch die sekundenlangen schwarzen Ladebildschirme, die bei jedem Raumwechsel auftreten. Auch scheint die Optimierung für 4K nicht gut gelungen zu sein, was zwar nur für PC – Spieler relevant sein sollte und trotzdem ärgerlich ist. Zwar wird hier einiges mehr an Bildschärfe geboten und auch das nervige Filmkorn lässt sich abschalten, die besonders in Außenarealen stark wahrnehmbaren Framedrops sind allerdings nicht nachvollziehbar, da die veraltete Unity Engine kaum in der Lage sein sollte, das aktuelle Nvidia Flaggschiff GTX 1080ti in die Knie zu zwingen. Zu guter letzt erweist sich auch die Steuerung als arg gewöhnungsbedürftig.

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            Gelegentlich verschlägt es David in die Geisterwelt. Hier kann er sogar sterben. 

Weder Gamepad noch die Kombi aus Maus und Tastatur hauen wirklich vom Hocker. Während die Maussteuerung besonders bei der Interaktion mit dem Inventar und den Hotspots besser funktioniert als mit dem Controller, lässt sich David mit letzterem wesentlich besser manövrieren, dafür ist alles andere spürbar fummeliger ausgefallen. Es ist zu hoffen, dass hier noch nachgepatched wird.

Fazit und Wertung

ava2 „Das Remake von Black Mirror macht einiges besser als das Original von 2004, leistet sich aber dennoch einige nervige Schnitzer. Die Hotspot – Mechanik vereinfacht das Spielprinzip enorm, künstliche Grenzen sägen weiter an der spielerischen Herausforderung und auch die Bedienung erfordert mit sämtlichen Eingabegeräten etwas Eingewöhnung. Atmosphärisch haben die Bremer dagegen FAST alles richtig gemacht und präsentieren eine spannende Geschichte in atmosphärischem Setting, welches lediglich an den ausdruckslosen Gesichtern leidet, dafür aber mit tollen Sprechern und einem klasse Soundtrack aufwartet. Selbst Kenner des Originals werden manch Neues entdecken. Wiederspielwert ist aber leider kaum gegeben, dafür setzt das Spiel das Gewicht getroffener Entscheidungen kaum bis gar nicht um. Für ein – zwei kalte Winterabende werden Adventurefans dennoch auf ihre Kosten kommen, sofern sie nicht allzuviel erwarten.“

PRO:

+ Hält sich nahe an die Originalgeschichte, bietet aber sinnvolle Neuerungen
+ Insgesamt spannend erzählt
+ Tolle Licht- und Schatteneffekte
+ Sehr einsteigertauglich
+ Haupt- und Nebenziele jederzeit im Blick…
+ …wobei die Nebenziele rein optional bleiben
+ Viele Referenzen für Kenner des Originals
+ Exzellente Synchronsprecher
+ Atmosphärischer Soundtrack
+ Angemessener Umfang
+ Nachvollziehbare Rätsel

CONTRA:

– Wenig Spielraum zum freien Erkunden
– Völlig überflüssige Quicktime Events 
– Hotspot – System macht Spielfortschritt zu leicht
– Veraltete, steife Mimiken
– Enttäuschendes Ende
– Kein Wiederspielwert
– Nervige Ladebildschirme beim Raumübergang
– Suboptimale Steuerung
– Schlechte 4K – Optimierung (PC)

                                                 GESAMTWERTUNG:    63%

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