BD: „Gringo“

                                                    Getestet und verfasst von General M 

                                Quelle Bildmaterial: „Gringo, ©2018 TOBIS. All rights reserved.“ 

                                         Ab 24. August 2018 erhältlich auf Blu-Ray und DVD

813BoSOKdL. SL1200 Schon seit geraumer Zeit ist der Versandriese Amazon nicht nur bekannt durch sein reichhaltiges Warenangebot, sondern mischt darüber hinaus längst auch kräftig im Gewerbe der Film- und Serienproduktion mit. Anders als der große Konkurrent Neflix produzieren die Amazon Studios allerdings nicht nur für die hauseigene Prime – Videoplattform, sondern beteiligen sich zudem auch an Kinoproduktionen. Die vom Australier Nash Edgerton inszenierte Hostage – Comedy Gringo ist eines dieser Projekte. Für sein Projekt konnte der Allrounder einen illustren Cast aus der oberen Riege Hollywoods um sich versammeln, darunter natürlich auch Bruderherz Joel Edgerton, der hier eine der Hauptrollen mimt. Doch Starpower alleine, das zeigt unser Review, macht letztendlich nicht zwingend auch einen guten Film. Wir haben mit freundlicher Unterstützung von TOBIS und Universum Film vor Ladenstart einen Blick auf die Blu-Ray werfen dürfen. 


Der Film

Schon seit Jahren schuftet sich der naive Harold (David Oyelowo, Selma) im Pharmaunternehmen seines skrupellosen Chefs Rusk (Joel Edgerton, Warrior) und seiner attraktiven, nicht minder durchtriebenen Partnerin Elaine (Charlize Theron, Tully) ab. Obwohl er keine schlechte Position inne hat, ist er nicht wirklich zufrieden mit seinem Dasein. Der lange versprochene Aufstieg auf der Karriereleiter will einfach nicht eintreten und zuhause hockt eine egomanische Gattin, die sein Geld mit vollen Händen zum Fenster rauswirft. Die Berufsreise nach Mexiko, wo der Konzern sein neues Produkt, nämlich Marihuana in Pillenform herstellt, sollte ihn eigentlich auf andere Gedanken bringen, würden sich seine Bosse nicht spontan mit auf die Reise begeben. Die verkaufen das Zeug nämlich bereits unter der Hand an einen regionalen Drogenhändler, um hinter verborgenen Türen den eigenen Bankrott abwenden zu können. Nun soll die Pipeline aber dicht gemacht werden. 

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Von alldem ahnt Harold zunächst nichts. Als er aber dann durch Zufall erfährt, dass die angeschlagene Firma in Kürze mit einem Japanischen Konzern fusionieren soll, in dessen Konsequenz er seinen Job verlieren würde, platzt dem tüchtigen Bürokraten endgültig der Kragen. Kurzerhand beschließt er, mithilfe einiger angeheuerter Leute von der Straße seine eigene Entführung zu inszenieren und die Firma um stolze 5 Millionen Dollar zu erleichtern. Damit setzt er eine ganze Kette unglaublicher Ereignisse in Gang. Denn nicht nur, dass sein Unternehmen längst nicht mehr über solche Summen verfügt, auch ist der Drogenhändler nicht gerade glücklich darüber, dass seine Versorgungslinie plötzlich abgebrochen ist – und nimmt den Gringo tatsächlich als Geisel. Als dann noch ein spirituell angehauchter Söldner sowie ein Drogenkurier – Pärchen aus den U.S.A. mitmischen, ist das Chaos endgültig perfekt…

Die Rezension

Nash Edgerton ist ja schon ein kleiner Tausendsassa. Über die letzten Jahre hat er quasi jede nennenswerte Position beim Medium Film ausgefüllt, die man sich nur vorstellen kann, ja sogar als Stuntman war er lange Zeit erfolgreich tätig. Wenig verwunderlich also, dass er hier neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich gewesen ist. Nach zahlreichen Kurzfilmen ist Gringo sein erster großer Spielfilm, den er in Eigenregie für die Leinwand umgesetzt hat. Nur genau da scheint er sich ausnahmsweise übernommen zu haben, denn was auf dem Papier durchaus vielversprechend klingt, scheitert in seiner Umsetzung letztendlich grandios. Nicht wegen seiner Darsteller, von denen nicht wenige bereits für einen Oscar© nominiert worden sind, bzw. ihn im Fall von Charlize Theron sogar bereits gewonnen haben und entsprechend allesamt überaus begabte Mimen sind. Auch liegt es nicht an der handwerklichen Qualität des Films, der ist mehr als solide inszeniert. Nein, letztendlich ist es das Drehbuch selbst, welches den nicht einmal zweistündigen Film mit derart vielen Charakteren und deren entsprechenden Subplots vollstopft, dass es dem Zuschauer fast unmöglich gemacht wird, all das in einen nachvollziehbaren Kontext zu bringen oder ihm gar ermöglicht, mal genügend Zeit mit einem der agierenden Charaktere zu verbringen, um wenigstens einen Hauch von Sympathie für ihn aufbauen zu können. 

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So bleibt am Ende hauptsächlich Charlize Theron in Erinnerung, die ihre Rolle als sexhungrige und eiskalte Firmenpartnerin mit solch kühler Erotik verkörpert, dass es einem gelegentlich kalte Schauer über den Rücken jagt und dabei trotzdem stets erregend wirkt. Der Rest der Darstellerriege bekommt dagegen abseits des sympathischen Hauptdarstellers kaum Raum, seinem Charakter Substanz zu verleihen. So entsteht im weiteren Filmverlauf ein schier undurchblickbares Chaos, dass zwar durchaus Gebrauch von seinen genretypischen Wendungen und Twists macht, diesen aber keinerlei neue Impulse hinzufügen kann. Dabei bleibt auch der Humor auf der Strecke, der nur gelegentlich kurz aufblitzt. Was als Hostage – Comedy geplant wurde, funktioniert für mich im Ergebnis weder als das eine, noch als das andere wirklich gut. So bleibt Gringo allemal toll besetzte Durchschnittskost, die man sich durchaus mal ansehen kann, aber nicht zwingend ansehen muss. 

Die Blu-Ray

Typisch TOBIS darf man sich dafür bei Gringo über eine exzellente Heimkinoumsetzung im HD – Format freuen. Das Bild überzeugt durch sehr gute Schärfewerte und eine schöne Durchzeichung. Besonders zu Beginn lassen sich so beispielsweise bei Rusk´s Anzug auch kleinste Details an der Anzugtextur ausmachen. Während sich das heimische Setting bewusst kühl und natürlich in Szene setzt, überwiegen in Mexiko dann Braun- und Gelbtöne und verleihen dem Geschehen dort eine passendere, leicht dreckige Farbgebung. Die Kontrastrierung ist zudem sehr angenehm ausgefallen. Und obwohl die Schwarzwerte sich meistens angenehm kräftig präsentieren, geht besonders in dunklen Szenen gerne mal der ein oder andere Übergang zwischen Darsteller und Hintergrund verloren. Alles in allem stimmt der Gesamtlook des Films aber und wird durch ein angenehm leichtes Filmkorn bestens unterstrichen. Hier kann man froh sein, dass der Film digital aufgenommen wurde, denn analoges Filmmaterial hätte hier wohl deutlich stärkere Abstriche hinnehmen müssen. Alles in allem also ein insgesamt sehr sehenswertes Bild, welches nur mit kleinen Makeln aufwartet. 

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Auch der Ton bietet kaum Grund zur Klage. Geboten wird jeweils Deutsch und Englisch im verlustfreien DTS-HD MA 5.1 – Format, also mehr oder weniger gehobener Blu-Ray – Standard. Wenn es dann auf dem Bildschirm ordentlich zur Sache geht, bekommt auch der Subwoofer kräftig zu tun und präsentiert wuchtige Explosionen. In eben diesen Momenten kommt dann auch der Raumklang ordentlich zur Geltung. Durch die Luft fliegende Trümmer ziehen dann effektvoll am Zuschauer vorbei, die Effektplatzierung ist nachvollziehbar und sehr stimmig. Abseits solcher Momente bleibt der Film überraschend frontlastig. Bei stets guter Stimmverständlichkeit aus dem Center bekommt die Anlage aber zum Glück auch immer dann etwas zu tun, wenn man es auch erwartet – und kann dann auch überzeugen. Leider sind solche Momente aber viel zu rar gesät. Deutlich rarer gesät sind am Ende eigentlich nur die Extras. Vier kurze Featurettes über Herstellung, Stunts und Co. teilen sich die gerade mal etwas mehr als 10 Minuten lange Gesamtspielzeit des Bonusmaterials. Hier wäre sicher deutlich mehr möglich gewesen, zumal das Gebotene nicht einmal wirklich interessant ist. 

Fazit

ava4„Eine gute Idee macht nicht zwingend auch ein gutes Ergebnis. Diese kleine, aber durchaus feine Weisheit trifft auf Nash Edgerton´s Gringo absolut treffend zu. Ohne das inhaltliche Chaos hätte der Film wesentlich mehr begeistern können, als letztendlich der Fall. Ein paar weniger Subplots hier, etwas mehr Straight Forward Business dort und man hätte sich als Zuschauer über einen kurzweiligen Spaß freuen können, der zudem mit einer 1A – Darstellerriege aufwarten kann. So jedoch ist Gringo ein sehr unausgegorener Genremix, der an seinen eigenen Ambitionen scheitert. Hier jedoch wird so vieles in der kurzen Laufzeit unterzubringen versucht, dass dabei nicht nur der Witz und der Kontext auf der Strecke bleiben, sondern letztlich auch die erzählerische Qualität. Wenn ein Film so sehr mit seinem eigenen Inhalt überfordert ist, kann man zusätzlich noch wunderbar von einem weiteren Sprichwort Gebrauch machen: Weniger ist manchmal einfach mehr. Dafür bewegt sich die Blu-Ray auf gutem Niveau, Bild und Ton überzeugen mit kleinen Abstrichen durchgehend. Enttäuschend bleiben aber die Extras.“

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