BD: „Die Gendarmen-Blu-Ray-Box“

                                      Getestet und verfasst von General M

                 Quelle Bildmaterial: „Die Gendarmen-Blu-Ray-Box, ©2019 Universum Film GmbH. All rights reserved.“ 

                                                                Ab sofort erhältlich

81TwE1o16TL. SL1500 Selbst über 35 nach seinem Tod zählt der Franzose Louis de Funés noch immer zu den bekanntesten und beliebtesten Komödiendarstellern, der neben seinem Heimatland vor allem auch im deutschsprachigen Raum in seiner Paraderolle als cholerischer Kleinbürger zur unsterblichen Legende geworden ist. Eine seiner bekanntesten Rollen ist zweifellos die des beflissenen Gendarmen Ludovic Cruchot, die de Funés in insgesamt sechs Filmen mit großem Erfolg verkörperte. Die finden nun endlich auch kombiniert in einer großen Box ihren Weg  nach Deutschland – erstmals in High Definition. Wir haben uns für euch nach St. Tropez begeben und sämtliche Filme auf Herz und Nieren getestet.

        Hinweis: Die unterschiedlichen Größen unserer Screenshots sind bedingt durch die                                         teils verschiedenen Bildformate der einzelnen Filme. 



Die Filme

Der Gendarm von St. Tropez (1964)

In seinem kleinen Dorf hält Gendarm Ludovic Cruchot (Louis de Funés, Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe) die Zügel fest in den Händen. Ob illegale Angler oder Hühnerdiebe, selbst kleinste Vergehen bestraft der pflichtbesessene Polizist knallhart. Aber auch daheim führt der alleinerziehende Vater ein striktes Regime, worunter besonders seine hübsche Tochter Nicole zu leiden hat, die abseits des konservativen Landlebens kaum etwas anderes kennt. Als Cruchot aber überraschend zum Revierleiter im französischen Luxusdomizil St. Tropez befördert wird, öffnet sich für Vater und Tochter die Tür zu einer ganz neuen Welt. 

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Umgeben von Meer, Strand sowie den Reichen und Schönen gibt es natürlich deutlich mehr Chaos zu bewältigen als auf dem Land. Trotz des akuten Kulturschocks lässt Cruchot aber keine Zeit verstreichen, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Während der frisch ernannte Revierleiter versucht, seine Bande völlig inkompetenter Untergebener für den Kampf gegen ein Rudel Nudisten zu disziplinieren und dabei seinem Chef bei jeder Gelegenheit Honig um den Bart zu schmieren, gerät Nicole prompt in den Fokus einer gefährlichen Bande von Kunstdieben…

Der Gendarm vom Broadway (1965)

Ein Jahr nach dem großen Erfolg des ersten Teils kehrt die neben der Police Academy wohl chaotischste Polizeitruppe zurück! Cruchot und seine Männer werden eingeladen, an einem internationalen Polizeikongress in New York teilzunehmen. An Bord des Liniendampfers, auf dem sich die gesamte Baggage eingeschifft hat, versteckt sich auch Cruchot´s Tochter Nicole, die eigentlich daheim bleiben soll. Als die in New York als blinder Passagier ohne Papiere verhaftet wird und sich als armes Waisenkind ausgibt, um einer Strafe zu entgehen, inszeniert ein findiger Journalist die erfundene Geschichte kurzerhand für die Medien. Cruchot, der fest davon überzeugt ist, bei jedem Anblick seiner Tochter unter Wahnvorstellungen zu leiden, gerät zusammen mit Chef Gerber und Gefolge in immer neue halsbrecherische Abenteuer in den Straßen von New York. 

Balduin, der Heiratsmuffel (1968)

Dass aus Ludovic hier plötzlich Balduin wurde, ist ein klassisches Beispiel gängiger deutscher Verleihpraktiken der alten Zeit. Damals erhoffte man sich dadurch größeres Identifikationspotenzial seitens der Zuschauer mit einer bekannten Filmfigur (nicht, dass man zu dieser Zeit nicht bereits Poster oder dergleichen gedruckt hat) und damit verbunden natürlich auch einträglichere Einspielergebnisse an den Kinokassen. Neben den vielen Filmen von Louis de Funés, die inhaltlich oftmals wenig mit dem deutschen Titel gemein hatte, erwischte es auch besonders den Westernklassiker Django, der durch kreative Umbenennung und Synchrontricks Namensgeber und Darsteller in dutzenden von Filmen war, die ursprünglich überhaupt nichts mit der ikonischen Rolle von Franco Nero zu tun hatten. Dies aber nur zum Grundverständnis. 

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Denn ganz gleich ob Ludovic oder Balduin, in seinem dritten Auftritt wandelt Cruchot tatsächlich auf Freiersfüßen: Nachdem Cruchot sein Herz an die notorische Verkehrssünderin Josepha verliert, verwandelt sich der pflichtbewusste Gendarm plötzlich in einen tollpatschigen Amor, der bei seinen Eroberungsversuchen kaum ein Fettnäpfchen auslässt. Die aufkeimende Beziehung zwischen Giftzwerg und Grand Dame wird aber fleißig von Tochter Nicole sabotiert. Und auch beruflich tut sich einiges für Cruchot, der nach einem Versehen plötzlich die Posten mit seinem Vorgesetzten Gerber tauscht, was der sonst so unterwürfige Reviervorsteher genüsslich auskostet. Eine Verwechslung mit Folgen, denn bei allem Ärger kreuzt auch noch der Kriminelle Frido auf, der es eigentlich auf Gerber abgesehen hat, dummerweise aber nichts vom Rollentausch weiß…

Balduin, der Schrecken von St. Tropez (1970)

Das Revier faulenzt, die Polizeileitung hat genug: Cruchot und seine ganze Truppe werden in den vorzeitigen Ruhestand geschickt, stattdessen soll ein Trupp junger, neuer Rekruten frischen Wind in die Gendamerie von St. Tropez bringen. Für die ehemaligen Polizisten bricht eine Welt zusammen. Nach einem halben Jahr voller Langeweile erhält Cruchot Besuch von seinem ehemaligen Chef Gerber: Fougasse, ein Mitglied der alten Truppe, hat sein Gedächtnis verloren und sitzt nun in einem Pflegeheim fest. Die verbliebenen Kollegen schlüpfen abermals in ihre Uniformen, befreien Fougasse und versuchen nun, diesen wieder an sein Dasein als Gendarm zu erinnern. Dabei gibt es nicht nur allerhand Trubel mit den neuen Gesetzeshütern, sondern auch mit einer Bande Hippies und nicht zuletzt mischen auch die Nudisten St. Tropez wieder kräftig auf. 

Louis´ unheimliche Begegnung mit den Außerirdischen (1979)

In der vierten Fortsetzung des Klassikers tauchen ganz besondere Besucher in St. Tropez auf. Die kommen aus All, besitzen Körper aus Metall und können jede beliebige Form annehmen, benötigen zum Überleben aber Öl. Als zwei von Cruchot´s (der hier trotz neuem Filmtitel wieder Ludovic heißt) Untergebenen das UFO der Aliens sichten, will ihnen natürlich zunächst niemand Glauben schenken. Als sich die Besucher aber immer weiter in der Bevölkerung ausbreiten und schließlich selbst Cruchot von deren Existenz überzeugt ist, beschließt die Gendamerie, den Kampf gegen die unerwünschten Besucher aufzunehmen. Im folgenden Verwirrspiel zwischen Mensch und Maschine geht dabei natürlich einiges schief…

Louis und seine verrückten Politessen (1982)

Die deutsche Premiere seines sechsten und letzten Gendarm – Films erlebte Hauptdarsteller de Funés leider nicht mehr: Der beliebte Komiker verstarb im Januar ´83 an den Folgen seines zweiten Herzinfarktes und wurde nur 68 Jahre alt. Louis und seine verrückten Politessen ist damit auch der letzte Film in der umfangreichen Vita des Schauspielers. Die schlechte Gesundheit sah man ihm hier bereits deutlich an, bereits nach dem ersten Infarkt 1974 hatte de Funés deutlich an Gewicht verloren und wurde in Folgezeit aus Versicherungsgründen kaum noch besetzt – für ihn selbst ein schwerer Schlag, der erst durch den erfolgreichen Film Brust oder Keule wieder vergessen werden konnte. Dennoch: Die cholerische Energie alter Rollen fehlte in den Folgejahren zu großen Teilen, was den letzten Teil der Reihe ebenso einschließt wie dessen Vorgänger. 

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Hier kommt aber nochmal neuer Ärger auf die alteingessene Gendamerie unter Führung von Ludovic Cruchot zu, denn gleich vier junge, attraktive Politessen haben sich zur Ausbildung im Dienst im Revier eingefunden, worüber sich natürlich besonders Cruchot´s Untergebene extrem freuen. Weniger begeistert zeigen sich deren Frauen. Als die Politessen aber der Reihe nach gekidnappt werden, muss die alte Garde ein letztes Mal zeigen, was in ihr steckt. Brisant wird der Fall, als sich herausstellt, dass eine der Damen die Tochter des Präsidenten von Bugawa ist, einem wichtigen Erdöllieferanten Frankreichs – und ausgerechnet der hat sich zum baldigen Staatsbesuch angekündigt…

Die Rezension

An modernen Komödien gemessen wirken die sechs Abenteuer um die trottelige Polizeitruppe aus St. Tropez natürlich längst altbacken. Die unermüdliche Energie des Hauptdarsteller ist es, die zumindest die ersten vier Filme trotzdem zu sehenswerten Einträgen in der Vita von Louis de Funés macht. In seiner Paraderolle als Kleinbürger, der seine Untergebenen nach unten hin schamlos scheucht und quält, dabei gleichzeitig vor jeder höheren Authrotität kuscht, wurde der etwas klein geratene Franzose berühmt. Ludovic Cruchot ist der Urtyp dieser Figur und genießt vielleicht auch deshalb abseits von de Funés´ zahlreichen ähnlich angelegten Rollen bis heute Kultstatutus – auch weil dieser keine Rolle öfter spielte als die des pingeligen, konservativen Reviervorstehers. 

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Die einzelnen Storys sind dabei eher belanglos geraten und variieren untereinander nur sehr wenig. Dadurch merkt man umso mehr, dass sich das Geschehen stets ganz auf das komödiantische Talent des Hauptdarstellers verlässt. Als persönlichen Tiefpunkt der Reihe betrachte ich den zweiten Teil, denn der Ausflug nach New York hat besonders in der deutschen Synchronfassung wenig mehr zu bieten als einen dem damaligen Zeitgeist entsprechenden Trip in jedes nur mögliche Klischee und Vorurteil gegenüber der amerikanischen Zivilisation. Wirklich lachen kann darüber heute kaum mehr jemand. Und auch die letzten beiden Filme haben dank eines krankheitsbedingt hier deutlich zahmer aufspielenden de Funés´ nicht die humoristischen Qualitäten der Vorgänger. Zu lachen gibt es aber dennoch immer einiges, was die Filme selbst heute noch für Fans von physischer Komik ansprechend macht. Regie führte übrigens bei allen sechs Filmen Jean Girault, der zusammen mit Louis de Funés insgesamt zwölf Spielfilme drehte und der leider während der Dreharbeiten zum letzten Gendarm überraschend an den Folgen einer Tuberkulose starb. 

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In den jeweiligen deutschen Fassungen herrscht zudem ein munteres Kuddelmuddel bei der Besetzung der Sprecher. Die wohl bekannteste deutsche Stimme stammt von Gerd Martienzen, der wohl maßgeblich für den Erfolg von de Funés´ Filmen in Deutschland verantwortlich ist. Der ist hier im ersten, dritten und vierten Film zu hören. In Der Gendarm vom Broadway kommt Klaus Miedel zum Einsatz, während in den letzten beiden Teilen der noch eher bekanntere Peter Schiff die Rolle des Cruchot spricht, der besonders in den späteren Jahren oft als Stammsprecher für de Funés´ angeheuert wurde. Aber auch die Besetzung der Nebenrollen wechselt oft, was besonders dann etwas anstrengend ist, wenn man mehrere Filme am Stück schaut. Vor allem bei präsenteren Rollen wie dem von Michel Galabru gespielten Gerber fällt das unangenehm auf, andererseits war konsequente Synchronisation damals noch ein Fremdwort und hat bei weitem nicht den Stellenwert heutiger Zeiten, wo bestimmte Sprecher fest mit jeweiligen Schauspielern assoziiert werden. 

Die Blu-Ray´s

Lange Zeit hatten deutsche Fans wenig Spaß an den jeweiligen, über die Jahre erschienenen DVD – Veröffentlichungen zur Gendarmen – Reihe, denn besonders die Bildqualität der einzelnen Pressungen ließ bedingt durch uralte Master sehr zu wünschen übrig. Mit der Gendarmen-Blu-Ray-Box gehört zumindest dieses Manko endlich der Vergangenheit an, denn erstmals kommt man hierzulande in den Genuss der französischen Remaster. Die heben die Filme auf ein ganz neues Qualitätslevel, wenngleich man natürlich dennoch altersbedingte Einschnitte hinnehmen muss. Besonders die Schärfewerte könnten besser sein, auch zeigt sich das Bild selbst gemessen an der Kulisse des sonnigen St. Tropez stets etwas zu gelblastig und könnte natürlicher sein. Unruhen gibt es ebenfalls reichlich. Das ist aber Kritik auf sehr hohem Niveau, schließlich sind all das gängige Probleme von Filmen alter Tage, die eher auf nostalgische Weise charmant als störend wirken. Der Zugewinn im Vergleich zu den bisherigen DVD´s ist trotzdem ganz enorm, sehr viel besser werden die Klassiker wohl nicht mehr aussehen. Alleine dafür lohnt sich das Upgrade absolut. 

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Bei den bis zu 55 Jahre alten Filmen ist aber klar, dass man beim Ton auch im HD – Format keine Wunder erwarten darf. Sämtliche Gendarm – Abenteuer verfügen über deutschen und französischen Ton, jeweils aber ausschließlich im Monoformat. Wer sich ein wenig mit der Reihe auskennt wird zudem wissen, dass für die deutsche Fassung seinerzeit kleinere Handlungskürzungen vorgenommen wurden, die vor allem den ersten Teil betreffen. Da diese Szenen nie synchronisiert wurden, gibt es hier zum Originalton auch lediglich wieder deutsche Untertitel. Die deutschen Fassungen leiden zudem unter dem altersbedingt  typisch dumpfen Klang der Sprecher – damals hat man einfach noch anders synchronisiert als heute. Außerdem stellt sich gelegentlich ein unschönes Knistern ein, worunter besonders Balduin, der Schrecken von St. Tropez teils herbe zu leiden hat. Die jeweiligen Tonspuren waren einfach nicht in besserem Zustand verfügbar, weshalb man Rechteinhaber Universum Film deswegen keinen Vorwurf machen kann. Die einzige Alternative wäre jeweils eine aufwendige Neusynchronisation gewesen, unter der die Filme aber sehr viel mehr gelitten hätten. Für Puristen wäre das ohnehin keine Option gewesen. Somit bleibt es zumindest hier bei Bekanntem. Und auch Extras gibt es leider nicht. Bei einem Gesamtpreis von knapp 40€ ergibt sich pro Film ein Einzelpreis von etwas mehr als 6.50€. Und dafür kann man nun echt nicht meckern. 

Fazit

ava7„Inhaltlich zählen die sechs Filme um die chaotische Gendarmerie von St. Tropez längst zum alten Eisen. Es ist die unermüdliche Energie von Hauptdarsteller Louis de Funés, die sämtlichen Ablegern der Reihe abseits des missratenen zweiten Films etwas zeitlos witziges verleiht – auch wenn die letzten beiden Teile nicht mehr den Charme der besseren Vorgänger entfalten. Als Gesamtwerk betrachtet zählen die einzelnen Filme aber neben Die Abenteuer des Rabbi Jakob zu den wichtigsten und bekanntesten Filmen des Franzosen, die basierend auf den französischen Remastern auch hierzulande endlich in angemessenem, dennoch etwas nostalgischem Licht erstrahlen. Die Gendarmen-Blu-Ray-Box ist aber trotz altersbedingter Schwächen bei Bild und Ton ein absolut empfehlenswertes Upgrade für de Funés – Fans und alle, die es werden wollen. Und wo bleibt jetzt MEINE Parade?!“

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