Der Film Etwas mehr als sieben Jahre existiert sie schon im Jahr 1956, die Deutsche Demokratische Republik. Im Vergleich zu anderen Ländern ist sie also noch ziemlich jung. Und doch hat sie bereits einige Konflikte bewältigen müssen, darunter natürlich auch die brutale Niederschlagung des Arbeiteraufstandes drei Jahre zuvor. Jedwede Form von politischem Protest wird seitdem von der Staatsmacht als Konterrevolution verstanden und mit aller Härte geahndet. Doch bis zum Bau der Mauer soll noch einige Zeit vergehen, noch sind die Grenzen nach West – Berlin offen. Als sich die DDR – Abiturienten Kurt (Tom Gramenz, Der Ausflug) und Theo (Leonard Scheicher, Es war einmal im Indianerland) bei einem Westausflug heimlich ins Kino schleichen und dort in der Wochenschau erstmals die brutale Wahrheit über den Aufstand in der Ukraine gegen die russischen Besatzer erfahren, mobilisieren sie wieder daheim die Klasse zu einer Schweigeminute für die Gefallenen.
Was die Schulleitung als harmlosen Ulk darzustellen versucht, schlägt allerdings schnell weite Kreise, die sogar höchste Stellen der Partei auf den Plan ruft. Unter zunehmendem Druck durch den Staat, aber auch die teils linientreuen Eltern der Schüler, die der Propaganda der DDR folgen und den Aufstand für einen vom Westen gelenkten, faschistischen Putschversuch halten, sollen die Schüler ddie Rädelsführer benennen, anderenfalls droht republikweites Abiturverbot. Innerhalb der Klasse kommt es zunehmend zu Konflikten. Nicht nur ein ebenfalls linientreuer Mitschüler, sondern auch Spannungen zwischen den besten Freunden Theo und Kurt um die Gunst der Klassenkameradin Lena (Lena Klenke, Fack ju Göhte) drohen den fragilen Zusammenhalt untereinander zu gefährden. Aus zwei Minuten Schweigen entwickeln sich immer dramatischere Geschehnisse…
Unter dem erfahrenen Regisseur Kraume, der nicht nur seit langen Jahren Tatorte inszeniert, sondern sich mit Filmen wie Der Staat gegen Fritz Bauer sowie dem interessanten TV – Experiment Terror – Ihr Urteil auch für historisch anspruchsvolle Stoffe empfohlen hat, entstand ein spannendes Drama nach dem Bestseller von Dietrich Garstka († 2018). Nur wenig darum bemüht, den Alltag im Leben der sozialistischen Republik darzustellen, fokussiert sich der Film in erster Linie auf seine Charaktere und deren jeweils nachvollziehbar in die Rahmenhandlung eingebundenen Hintergründe. Das verleiht den Figuren angenehm viel Substanz und hilft dem Zuschauer dabei, deren Motive zu jeder Zeit gut nachvollziehen zu können. Das Liebesdreieck wirkt in diesem Kontext zwar überflüssig, da es dem Geschehen keinerlei essentielle Komponente hinzufügt, dafür ist es aber auch nie so präsent in die Haupthandlung eingebunden, dass es wirklich stören könnte.
Letztendlich sind es die tollen Darsteller, die den Film so erinnerungswert und packend gestalten. Die Mischung aus talentierten Jungschauspielern, allen voran Leonard Scheicher, Jonas Dassler und Tom Gramenz und erfahrenen Film- und Fernsehveteranen wie Jördis Triebel als eiskalte Staatsdienerin und Michael Gwisdek in der Rolle des liebenswerten Edgar funktioniert hervorragend, jeder spielt mit Herzblut und Leidenschaft für die Materie. Die Grenze zwischen Fakt und Fiktion ist zwar nicht immer ganz eindeutig zu identifizieren, doch trotz aller kreativen Freiheiten gelingt es Das schweigende Klassenzimmer, sein Kernthema zu jeder Zeit packend zu präsentieren. In Sachen Inszenierung macht der Film zwar wenig anders als im Thema ähnlich gestrickte Filme, was er aber macht, macht er dafür mehr als nur solide. Für Fans von Dramen und Zeitgeschichte in jedem Fall eine Empfehlung wert.
Die Blu-Ray
Obwohl den Filmemachern nicht das Equipment zur Verfügung stand, über welches wir sonst im Rahmen der Bildqualität gerne resümieren, weiß die Blu-Ray – Veröffentlichung zum Film zu überzeugen. Statt krasser Saturierung setzt man hier auf erdige Töne, Braun- und Grautöne dominieren das Geschehen und schaffen damit den Grundstein für die intendierte Stimmung. Dazu gesellen sich sehr gute Kontraste und eine bis auf ganz wenige Ausnahmen durchgehend hervorragende Bildschärfe im Rahmen eines wunderbar detailreichen Bildes.
Beim Ton gibt es nichts zu beanstanden. Der verlustfreie DTS-HD MA 5.1 – Ton überzeugt mit präsenten Dialogen im Center und einem präzisen, unaufdringlichen Raumklang, der besonders bedacht ist, den angenehm zurückhaltenden Filmscore durch den Raum zu tragen. Auf großen Bombast muss man hier themenbedingt natürlich verzichten. Wenn der Subwoofer aber mal zum Einsatz kommt, überzeugt auch dieser mit guter Präsenz. Überdies liegt der Film wie nahezu jede ausschließlich deutschsprachige Verfilmung als Hörfilmfassung vor, dann aber in deutlich abgespecktem Format.
Bei den Extras am ehesten hervorzuheben ist die originale Frontal21 – Dokumentation zu den wahren Hintergründen des Films, die wirklich sehenswert ist und interessante Zusatzinformationen zum Geschehen bietet. Die restlichen Boni setzen sich dann allerdings auch nur noch aus kurzen Interviews mit Cast & Crew zusammen, die aber alleine schon aufgrund der sehr beschränkten Laufzeit kaum einen Mehrwert darstellen. Dafür entschädigt das beigefügte, gut verarbeitete Booklet. Abseits der sonstigen Anime – Veröffentlichungen ist es schön, mal wieder eine Drucksache außerhalb irgendwelcher Werbeflyer bei einem Film finden zu können.
Fazit
„Handwerklich solide inszeniert, sind es am Ende doch die wunderbaren Darsteller, die hier mit viel Tiefe dafür sorgen, dass ein spannendes, wenn auch wenig beachtetes Stück Geschichte auch für aktuelle Generationen glaubhaft zum Leben auf der Leinwand erweckt wird. Zwar erfindet Das schweigende Klassenzimmer das Rad nicht neu und leidet inhaltlich durchaus an kleinen Schwächen, bleibt am Ende aber dennoch ein sehr sehenswerter, toll gespielter Film. Die Blu-Ray kann in Sachen Extras zwar keine Krone gewinnen, dafür stimmen Bild und Ton. Das schöne Booklet rundet die Veröffentlichung angenehm ab. Definitiv ansehen!“
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