4K UHD | Blu-Ray: „Millennium Actress“

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91hRHxzxxqL. SL1500 Heute gibt es eine ganz besondere Premiere bei M-Reviews: Zum allerersten Mal rezensieren wir einen Anime in 4K. Eine ganz besondere Herausforderung, denn Millennium Actress hat bereits über zwanzig Jahre auf dem Buckel und wurde nun aufwendig für eine ganz neue Generation Medium aufbereitet. Das rührende Meisterwerk von leider viel zu früh verstorbenen Satoshi Kun – seines Zeichens zu Lebzeiten als einer der visionärsten Geschichtenerzähler überhaupt betitelt – lässt auch heute noch kein Auge trocken. Wir sind für euch gleich doppelt auf Zeitreise gegangen und klären, welche Vorteile der Film auf 4K UHD birgt…und wo man sich eventuell auf Enttäuschungen einstellen muss. Film ab! 

Der Film

Das neue Jahrtausend steht unmittelbar bevor und für das legendäre japanische Filmstudio Ginei ist es an der Zeit, seine längst betagten Kulissen einzureißen und sich wie alles andere auch auf eine neue, modernere Zukunft einzustellen. Für den Journalisten und ehemaligen Studiomitarbeiter Genya Tachibana die perfekte Gelegenheit, eine Dokumentation über über den ehemaligen großen Star des Studios, die mittlerweile über siebzigjährige Chiyoko Fujiwara, zu drehen. Gemeinsam mit seinem Kameramann Ida macht sich Tachibana auf den beschwerlichen Weg zum Haus der gealterten Legende. Das Willkommengeschenk der beiden Gäste – ein goldener Schlüssel – weckt in Chiyoko Erinnerungen an eine Suche, die einst in den Wirren des Zweiten Weltkrieges ihren Anfang nahm und bis heute andauert. 

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Die Grande Dame des japanischen Kinos nimmt ihre neugierigen Gäste mit auf eine atemberaubende Reise durch Jahrzehnte des Umbruchs, in der sich nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das Medium Film in gewaltigen Schritten nach vorne bewegt hat. Vergangenheit und Gegenwart beginnen mehr und mehr miteinander zu verschmelzen, als Chiyoko immer tiefere Einblicke in ihre illustre Karriere und die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihrer großen Liebe gibt. Als allmählich klar wird, welche große Bedeutung der goldene Schlüssel in dieser Geschichte spielt, offenbart sich eine traurige Wahrheit, die Tachibana über lange Jahre tief in seinem Inneren verborgen hat…

Die Rezension

Eine eindrucksvolle Karriere, ein berührendes Leben und eine tragische Suche…all das kombiniert Satoshi Kun in knapp neunzig Minuten Film, die viel zu schnell vergehen. Von den Anfängen als Kinderdarstellerin gegen den Willen einer strengen Mutter bis zur folgenschweren Begegnung mit einem Maler und allem, was dem folgt, führt uns einer der ganz großen Könner der Animationskunst durch ein Meisterwerk der Menschlichkeit – anders kann man es kaum formulieren. Jede Epoche im Dasein der Schauspielerin ist dabei geprägt von den Wirren der jeweiligen Zeit. Millennium Actress ist nicht nur ein Querschnitt durch ein spannendes Leben, sondern auch durch eine zentrale Epoche Japans. 

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Auf große Effekte wurde verzichtet, stattdessen erzählt der Film seine Geschichte überwiegend durch die Kraft seiner Bilder. Detailverliebt und handgezeichnet erstrahlt das Werk in einem ganz eigenen visuellen Stil. Keine Frage: Diese Perle aus der eher klassischen Zeit des Anime eignet sich nicht mal eben für Zwischendurch und richtet sich weder an Vielseher noch alljene, die kunterbunte und kurzweilige Action suchen. Millennium Actress ist ein Film für´s Herz, ein Fest für die Sinne und auf seine ganz eigene Weise so sehr ein Stück Filmgeschichte wie die Handlung, die er erzählt. 

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Die Vermischung von vergangenen Geschehnissen und der Gegenwart – die beiden Dokumentarfilmer sind in dargestellten Szenen quasi live dabei – verstärkt die Immersion zusätzlich. Unter den Anhängern von Satoshi Kon gilt Millennium Actress neben Paprika als bestes Werk eines Regisseurs, der leider selbst keine fünfzig Jahre alt geworden und auf dem Höhepunkt seines Schaffens von uns ging. Dass dieses Werk nun so viele Jahre später erneut so hoch gewürdigt wird, ist eine Tatsache, für die man absolut dankbar sein muss. Falls ihr euch auch nur ansatzweise an melancholisch-berührenden Geschichten interessiert, seid ihr hier genau richtig. Nur noch ein kleiner Tipp zum Abschluss: Vergesst die Taschentücher nicht! 

UHD und Blu-Ray: Das Bild

Für die Neuveröffentlichung wurde der Film komplett neu in 4K abgetastet und anschließend umfangreich remastered. Das Ergebnis sieht bereits in Form der Blu-Ray wunderschön aus. Die teils chronische Farbarmut ist dabei gewollt und dient als Stilmittel. Es ist bezeichnend, dass die Erinnerungen von Chiyoko beinahe monoton dann im weiteren Verlauf immer mehr an Farbe gewinnen. Die allgemeine Bildschärfe ist gemessen am Alter des ursprünglichen Masters sowie der ursprünglichen Machart des Films sehr gut, eine hauchfeine aber durchgehend angenehm natürliche Körnung ist vorhanden, alles in allem besticht die Neuauflage durch eine beachtliche Laufruhe.

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Die Blu-Ray liefert im Kontrastbereich ferner sehr solide Schwarzanteile, spart dafür stilbildend am Weiß und geht in dem Bereich ganz bewusst ins Gräuliche über. Im Vergleich mit der über fünfzehn Jahre alten DVD von Dreamworks Home Entertainment zeigt sich die Blu-Ray in jedweder Hinsicht ebenso deutlich überlegen wie der zwei Jahre später nachgereichten Neuauflage von Universum Anime. 

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Die UHD zu bewerten ist an alldem gemessen keine leichte Aufgabe. Bei der Umsetzung wurde ganz bewusst auf den Einsatz von HDR verzichtet, um die maßgeblich prägende Farbgebung nicht unnatürlich zu beeinflussen. Wie sich in der Praxis zeigt, war das eine gute Idee. In allen übrigen Aspekten legt die UHD allenfalls im Detail zu. Etwas mehr Schärfe, nochmals feinere Körnung und ein intensiveres Schwarz…viel mehr ist es nicht. Die nativ auflösende Scheibe kitzelt das letzte bisschen aus dem Master raus und eignet sich damit eher für Enthusiasten. Weil die 4K UHD aber gerade einmal knappe sechs Euro mehr als die Blu-Ray kostet und letztere dem Set gleich beiliegt, kann man sich guten Gewissens auch das komplette Set zulegen. 

UHD und Blu-Ray: Der Ton

Yappai! Ein waschechter Spielfilm benötigt natürlich auch eine angemessene Klangkulisse. Dementsprechend haben wir es hier sowohl im Deutschen als auch dem Japanischen mit einer verlustfreien Masterspur im Format DTS-HD MA 5.1 zu tun. Die zeigen mit dem Abriss der alten Kulissen bereits in den Anfangsminuten eine Tendenz zu satten Bässen, welche im weiteren Verlauf des Films immer wieder für ein paar effektvolle Highlights sorgt. Die Stimmverständlichkeit im Center ist durchgehend makellos. Aus den übrigen Lautsprechern ertönt eine lebendige Kulisse mit gut platzierten Umgebungsgeräuschen und durchgängig toller Dynamik. 

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Jetzt kommt leider das große ABER. Denn einerseits befindet sich an Bord von Blu-Ray und UHD ausschließlich die Zweitsynchronisation von 2006 auf Basis der DVD von Universum Anime. Die von vielen Fans bevorzugte Originalassung – welche seinerzeit für den ursprünglichen Kinorelease erstellt wurde – und noch auf der DVD von Dreamworks Home Entertainment zu finden war, fehlt hier komplett. Keine Frage, auch bei der Neufassung waren Profis am Werk. Für Puristen ist das aber natürlich kein Argument. Man will die Sprecher hören, die man seinerzeit schon im Kino oder auf der ersten DVD gehört hat. LEONINE hat mit Akira gezeigt, wie es richtig geht: Da waren nämlich beide Fassungen auf einer Scheibe. Warum KAZÉ/Crunchyroll das in diesem Fall nicht hingekriegt hat, bleibt mit persönlich ein Rätsel. 

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Erschwerend hinzu kommt, dass diese Synchronfassung für eine höhere Laufgeschwindigkeit erstellt wurde und KAZÉ/Crunchyroll es leider versäumt haben, die Tonhöhe für eine Wiedergabe auf 23.967 Frames pro Sekunde (statt der bei DVDs üblichen Geschwindigkeit von 25 Frames) entsprechend anzupassen. So kommt es bei der Dialogwiedergabe permanent zu einer Art Leiereffekt. Sämtliche Stimmen klingen viel zu tief. Für eine so hochwertige Veröffentlichung, in die besonders bei der Aufbereitung des Bildes so viel Arbeit geflossen ist, ist das eine verdammt herbe Enttäuschung und ein gewaltiger Minuspunkt, den man keineswegs unbeachtet lassen kann. 

Die Extras

Sowohl Blu-Ray als auch 4K UHD erscheinen in einem edlen Digipak mit dickem Schuber aus hochwertigem Karton. Ich war wirklich überrascht, wie viel Gewicht das komplette Set hat. Allen Veröffentlichungen liegt ein Poster zum Film sowie ein vierundvierzig Seiten starkes Booklet mit zahlreichen Hintergrundinfos zum Film bei, darunter eine komplette Filmographie von Chiyoko. Auf den jeweiligen Silberlingen finden sich zusätzlich dazu noch zwei Interviews mit den Machern, mehr Bonusmaterial gibt es leider nicht. Dafür ist die volle Packung Millennium Actress inklusive UHD und Blu-Ray bereits für unter fünfunddreißig Euro zu haben. Für den Preis kann man da absolut nicht meckern. 

Fazit 

profilbildapril„Über zwanzig Jahre ist Millennium Actress alt und hat doch nichts von seiner Magie verloren. Die detailverliebten und handgemachten Animationen alleine verleihen dem Film ein Gefühl der Zeitlosigkeit. Kombiniert mit einer rührenden Geschichte und einer Reise durch ein halbes Jahrhundert japanischer (Film-)Geschichte ist ein wunderschön melancholischer Streifen über das Suche nach Liebe und Bestimmung entstanden, der selbst hartgesottenen Zuschauern die Tränen in die Augen treiben dürfte. Blu-Ray und 4K UHD bestechen mit fantastisch aufbereitetem Bild, enttäuschen beim Ton aber auf ganzer Linie. Ohne die Erstsynchro, dafür aber mit falscher Tonhöhe? Katastrophe. Darüber trösten am Ende weder die hochwertige Aufmachung noch der gute Gesamtpreis hinweg. Ein Austausch ist hier eigentlich angemessen. Alternativ muss weiterhin die alte DVD herhalten.“ 

   
              Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab zur Verfügung gestellt worden. 

                     Quelle Bildmaterial: „©2001 Millennium Actress Production Committee. All rights reserved.“ 

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